Mehr Bürokratie ohne Steuerungsfunktion
Ein neuerlicher Vorschlag der Bundesgesundheitsministerin, mehr Transparenz
ins Leistungsgeschehen zwischen Arzt und Patient zu bringen, damit die Ärzte
nicht nicht erbrachte bzw. nicht notwendige Leistungen abrechnen, indem eine
Quittung für erbrachte Leistungen als Voraussetzung einer Honorierung bei jedem
Arzt-Patienten-Kontakt präsentiert werden muß, erinnert fatal an die verzweifelten
aber ineffektiven Ruderschläge eines Ertrinkenden.
Mangels jedweden intelligenten Konzeptes oder auch nur erkennbarer
Strategien für die zugegebenermaßen nicht enden wollenden
Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen - an denen sich
auch schon Minister anderen Kalibers die Zähne ausgebissen haben - werden
immer wieder solche unüberlegten Vorschläge in die Öffentlichkeit gebracht.
Was soll eigentlich eine solche unausgegorene, hektische Pseudoaktivität
bewirken? Oder ist sie gar nur Ausdruck der ganzen Hilflosigkeit der Ministerin
Fischer vor den anstehenden Aufgaben? Eine Ministerin, die völlig überfordert
in ihrem Amt zu sein scheint. Hätte sie vorher beim Berufsverband BDA
angefragt und um eine Stellungnahme gebeten, bevor sie in die Öffentlichkeit
ging, so hätte sie sich die peinliche Blamage ersparen können. Zu vieles spricht
gegen ein solches Quittungssystem:
1. Eine Quittung als Kontrolle über erbrachte Leistungen macht nur Sinn,
wenn die Leistungen auch direkt aus der eigenen Tasche vom Patienten
bezahlt werden müssen. Denn nur dann wird das notwendige Interesse
des Leistungsempfängers geweckt, entsprechende Kontrolle auszuüben.
Aber genau das besagt das Sachleistungssystem der GKV aus gutem Grunde
nicht. Ein Kostenerstattungssystem wie in der PKV halten Grüne, SPD und
CDU in der GKV für wenig sinnvoll.
2. Längst nicht alle ärztlichen Leistungen sind vom Patienten als Medizinlaien
kontrollierbar, fast nie jedoch kann der Patient die medizinische Notwendigkeit
einer Leistung in der jeweiligen Situation beurteilen. Dies bedeutet, daß die
gewünschte Kontrolle nur in geringen Teilbereichen erfolgen kann.
3. Bei einem durchschnittlichen Patientenaufkommen von 80 bis 100 pro Tag
in der Hausarztpraxis stellt sich das Ansinnen der Ministerin zwar als eine
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Helferinnen dar - anders wird sich dieser
ineffektive bürokratische Schwachsinn nicht bewältigen lassen. Aber wer soll
die zusätzlichen Mehrkosten in den Praxen bezahlen?
Fazit:
Es gibt ausreichende Vorschläge, das Gesundheitswesen zu reformieren und
effektiver zu gestalten. Daß hierbei die Eigenverantwortung "der
Leistungsempfänger" gestärkt werden muß, pfeifen mittlerweile die Spatzen
von den Dächern. Aber doch nicht so, Frau Ministerin! O si ta cuisses ....
Eckhard Brüggemann (15.12.2000)
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