Das Ende der Fahnenstange
In zwei Artikeln in der Ärzte-Zeitung Nr. 122, Jahrgang 19 vom 05.07.2000 - "BDI an Hausärzte: Wie ein Elefant
im Porzellanladen". Kommentar von Herrn van den Bergh: "Da paßt nichts mehr zusammen" -
Zu den oben aufgeführten Artikeln, die sich mit der Stellungnahme des BDA bzw. der GHB zu dem Beschluß
des Bewertungsausschusses befassen, den sogenannten KO-Katalog für Hausärzte nochmalig enger zu fassen,
wird die Politik des BDA massiv angegriffen.
Damit Hausärzte und Fachärzte wissen woran sie sind und welche Politik der BDA betreibt, ist folgendes
festzuhalten:
1. Ohne Umsetzung eines Gliederungskonzeptes nach § 73 SGB V im EBM 2000 plus wird der BDA der Reform
seine Zustimmung verweigern.
2. Interessenschutzzonen für Fachärzte bei Krankenhauseinweisungen, das sogenannte fachärztliche
Primärarztsystem der zweiten Ebene, offenbaren eine zunehmende Asymmetrie in der Patientenversorgung
und verstärken die international bekannten Strukturmängel in der ambulanten Patientenversorgung in
Deutschland. Dies kann und wird der BDA nicht länger hinnehmen.
3. Eine ungleiche Meßlatte bei den Qualitätskriterien für die Fachärzte und die hausärztliche Versorgung z.B.:
Impfvereinbarungen - nach der Devise Fachärzte arbeiten immer nach Facharztstandard, Hausärzte aber
nicht - wird vom BDA nicht mehr widerspruchslos hingenommen.
4. Die seit Jahren anhaltende Leistungsexplosion im fachärztlichen Bereich darf nicht mehr mit Honorartransfer
aus dem hausärztlichen Sektor bezahlt werden. Der BDA dringt deshalb auch weiterhin auf eine unabhängige
und ausreichende Honorierung der hausärztlichen Versorgung.
5. Gebietsbeschränkte Fachärzte und Teilgebietsärzte als Primärärzte unter der Propaganda der sogenannten
"freien Arztwahl" sind nachweislich die teuerste und keineswegs die bessere Patientenproblemlösung (siehe das
Ranking der OECD bezüglich der Gesundheitsversorgung. Hier landet die Bundesrepublik Deutschland unter
ferner liefen, obwohl sie bei den Ausgaben an dritter Stelle liegt). Diese Ressourcenverschwendung wird von
den Hausärzten nicht mehr mitgetragen, weder politisch noch finanziell.
6. Die gesamte fachärztliche Inballance bzw. Bevorzugung durch ein wenig effizientes Versorgungssystem,
in dem der Patient eigener Case-Manager ist - bedeutet einfach Verschwendung ebenfalls innerhalb des
GKV-Systems.
Der BDA fordert deshalb für den neuen EBM:
1. Die Strukturierung einer abgesicherten Hausarztebene, natürlich mit KO-Katalog, aber auch mit
Überweisungsvorbehalt für Fachärzte.
2. Die Hausarztsteuerung der Subspezialitäten
- durch Definition von Leistungen bei den Fachärzten, die nur auf Überweisung durch den Hausarzt
berechnungsfähig sind
- durch Definition von Leistungen, die eine obligate Berichtspflicht des Facharztes gegenüber dem
Hausarzt bedingen.
3. Das Ende der Gebührenordnungsnummern-Kastration im EBM für Hausärzte. Wenn weitergehende
Pauschalen eingeführt werden, dann logischerweise im fachärztlichen Bereich und nicht im hausärztlichen
Bereich. Denn so gleichförmig wie ein Organspezialist und so eng begrenzt in Diagnostik und Therapie
arbeitet kein Hausarzt.
4. Das Selbstbestimmungsrecht für die Wahl des hausärztlichen Beirats bei der KBV und den KVen. Das
Possenspiel fachärztlicher Einflußnahme bei der ersten Wahl, ganz zu schweigen von den BDI-Rankünen,
hat wieder einmal gezeigt, wie fachärztliche Mehrheiten das "Allgemeinwohl der Ärzte" interpretieren. Davon
haben die Hausärzte ein für alle mal genug.
5. Bei weiterhin pastös retardierendem Verhalten von Kassen und KBV ist eben wieder die Politik gefragt, um
die KVen endlich zu sektionieren.
6. Die allgemein bekannte Geduld der Hausärzte ist am Ende, und das soll die Ärzteschaft wissen.
Da mag der BDI in der Ärzte-Zeitung lamentieren, andere von einem Konfrontationskurs wie des BDA gegen
die Facharztkollegen sprechen. Da mag man meinen, wenn der BDA dem Bewertungsausschuß ein Ultimatum
stellt, kalkuliere er auch das Scheitern der EBM-Reform und den Niedergang der KVen ein.
Wenn es nicht anders geht, ist es den Hausärzten auch recht. Mit einer Hausarzt-KV können sie jedenfalls gut
leben.
Da das Ende der Fahnenstange erreicht ist, heißt es für den BDA: Please hold the line. Bundesvorstand und
Landesverbandsführungen sind sich in dieser Politik nach eingehender Beratung einig.
Eckhard Brüggemann (15.9.00)
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