Hausarzt - Internist: Quo vadis?

Seit Monaten ist anhand von verschiedenen Äußerungen und Veröffentlichungen, namentlich aus den Reihen des Bundesvorstandes, eine Politikwende innerhalb des BDI zu konstatieren. Der Hausarzt - synonym für Allgemeinarzt - soll die technikfreie bio-, psycho-soziale Kompetenz abdecken, während die qualifizierte hausärztlich-medizinische Betreuung auch weiterhin dem Allround-Internisten obliegt, der dazu den Facharztstatus, Spezialistenstatus und Hausarztkompetenz in sich birgt.

Mit diesem Definitionstrick hoffen die BDI-Strategen den Spagat, den Hausarzt-Internisten bis hin zum Klinikchef in einem Berufsverband kompetent und nachvollziehbar zu vertreten, zu schaffen.

Aufgeschreckt durch das Murren der Basis, keine angemessene berufspolitische Vertretung im BDI-Bundesvorstand zu finden, übt man sich im Beschwichtigen und Vernebeln. Aber so dumm sind unsere internistischen Hausarztkollegen nicht, daß sie dieses hinterlistige Ränkespiel nicht durchschauten.

Was ist geschehen? Vor die Alternative gestellt, entweder die hausärztliche internistische Weiterbildung mit der allgemeinmedizinischen zu verschmelzen, oder es hinzunehmen, daß die internistische Weiterbildung nicht mehr zur hausärztlichen Tätigkeit berechtigt, hat man sich im BDI-Vorstand trotz mannigfacher Angebote des BDA für eine gemeinsame Qualifizierung zukünftiger Hausärzte, für das Differenzierungsmodell entschieden.

Obwohl innerärztlich seit Jahren überfällig, von der Politik unter zunehmendem Druck gefordert, einen einheitlichen Arzttypus für die hausärztliche Versorgung zu schaffen - und welcher Vernunftbegabte konnte sich einem solchen Ansinnen verschließen - fühlte sich der BDI zu dieser Entscheidung unfair und unkollegial auch durch die Bundesärztekammer gepreßt.

Genau eine solche Einstellung aber macht Kopf und Herz nicht frei sondern blockiert. Und das kennzeichnet seit Jahren die Politik des BDI.

Der Allgemeinarzt/Hausarzt für das Grobe und Einfache - Medizin auf niedrigstem technischen Niveau - und auch weiterhin internistische Ganzheitsbetreuung auf höchstem Niveau, das ist nach BDI-Vorstellungen die ambulante hausärztliche Versorgung der Zukunft. Damit wäre dann der Verband BDI als ganzes gerettet und die Einheit des Fachgebietes noch einmal erhalten. Beides hat offensichtlich höchste Priorität.

So leicht, wie man uns glauben macht, ist die Wirklichkeit jedoch noch nicht zu umgehen, denn hart im Raume stoßen sich die Realitäten.

Bei nüchterner Betrachtung ist folgendes festzustellen:

1. Der BDI-Bundesvorstand hat mit seiner (Fehl-)Entscheidung, das Differenzierungsmodell zu wählen, sich eindeutig und endgültig von dem Internisten in der hausärztlichen Versorgung verabschiedet; unbeschadet der jetzt noch Tätigen, die natürlich bis zum Berufsende auch so weiterversorgen dürfen.

2. Diese Entscheidung ist eine einsame Vorstandsentscheidung, die Basis ist kaum gefragt worden, so jedenfalls meine Eindrücke und Erkenntnisse im Rahmen meiner ausgedehnten Vortragstätigkeit. Die Vorträge finden übrigens zunehmende Resonanz auch bei Hausarzt-Internisten! Welche Freude!

3. Nachdem BDA und BVKJD die Gemeinschaft Hausärztlicher Berufsverbände gegründet haben, warten beide auf eine Repräsentanz der Hausarzt-Internisten auf Bundesebene. Diese wird umso notwendiger, da die neue Bundesregierung eine Sektionierung der KVen durchführen wird, und in die Sektion Hausärzte natürlich die entsprechenden Internisten gehören.

4. Die Arbeitsgemeinschaft "Hausärztlich tätiger Internisten im BDI" mit ihrem Vorsitzenden Dr. Wimmer will diese Funktion nicht übernehmen. Zitat: "Im Laufe der BDI-Vorstandssitzung wurde zum Ausdruck gebracht, daß für den BDI ein überregionaler Zusammenschluß mit anderen hausärztlich tätigen Fachgruppen nicht in Frage kommt, da der Verband die Interessen der hausärztlich und fachärztlich tätigen Internisten zu vertreten hat." Kann man sich eigentlich berufspolitisch noch dümmer artikulieren?

5. Den Hausarzt-Internisten ist in dieser brisanten Situation nur zu raten, ihre Schicksal beherzt in die eigenen Hände zu nehmen und nicht zu glauben, daß der BDI noch ihre Interessen verträte. Weit gefehlt, Motivation des BDI-Vorstandes ist reine Machterhaltung (Mitgliederzahl) und nicht notwendige machtvolle Interessenvertretung der überwiegenden Zahl der Mitglieder.

6. Nun mag man ja dem Mitglied eines sogenannten Verbandes praktizierender Ärzte - wie Herr Beyerle die Kollegen des BDA zu bezeichnen pflegt - egoistische Motive unterstellen, aber an einer Tatsache kommt niemand vorbei: Eine Vertretung hausärztlicher internistischer Interessen kann nur im oder mit dem BDA erfolgen.

7. Auch die niedergelassenen Spezialisten wie Kardiologen, Onkologen, Gastroenterologen streben aus gutem Grund nach Eigenständigkeit, zum Teil schon außerhalb des BDI. Sie sind die wahren Partner der Hausärzte. Sicherlich eine schmerzhafte Erkenntnis für den BDI-Vorstand. Mitleid kann aber nicht erwartet werden: Wer austeilt muß auch klaglos nehmen können.

8. Hausarzt-Internisten seid wach! Der größte Feind lauert eigentlich in den eigenen Reihen. Entledigen Sie sich der BDI-Fesseln und kommen Sie auf uns zu, oder zumindest seien Sie offen für neue Gemeinschaften.

9. Die rückwärts gewandte Politik des BDI ist chancenlos. Die Tragik besteht darin, daß diejenigen, die den Verband erhalten wollen, wegen der falschen Politik die Spaltung nur noch forcieren. Eigentlich schade, denn es hätte auch bessere Lösungen gegeben.


Eckhard Brüggemann (15.10.1998)



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